Robert Russell

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Robert Russell
Bob Russell
Name Robert "Bob" Russell
geboren 1958
Nationalität USA
Branche
  • Elektroingenieur
  • Erfinder
Firmen / Gruppen


Robert "Bob" Russell ist ein US-amerikanischer Elektroingenieur.


Bob Russell studierte Elektrotechnik an der Iowa State University. Einer seiner Kommilitonen und Mitbewohner war John Feagans, welcher später ebenfalls für die Firma Commodore als Softwareentwickler tätig sein sollte. Russell wurde direkt nach seinem Abschluss im Mai 1979 von seinem Dozenten Dr. Camp, welcher Verbindungen zur 6502-Szene um Chuck Peddle unterhielt, der Firma MOS Technology als vielversprechendes Talent empfohlen. Peddle rekrutierte den jungen Ingenieur daraufhin vom Fleck weg für die Firma MOS.

MOS Technology[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Russell war bei MOS zunächst mit der Problembehebung an Diskettenlaufwerken vom Typ 2040 der Mutterfirma Commodore betraut. Aufgrund seiner professionellen und effizienten Arbeitsweise errang er schon bald die Gunst von Jack Tramiel und durfte diesen fortan auf Messen begleiten. Russell war neben seiner Tätigkeit als Ingenieur insbesondere mit Softwareprogrammierung betraut, beispielsweise bei Problemen mit der Datenübertragung am seriellen Bus des PET. In dieser Funktion wurde er zu einer der Schlüsselfiguren während der Entwicklung des Projekts Vixen, welches schlussendlich zu Commodores erstem Millionen-Seller, dem VIC-20 (in deutschsprachigen Ländern VC-20) werden sollte. Während Al Charpentier, Bob Yannes und später Bill Seiler für die Hardware des neuen Low-End-Computers zuständig waren, zeichnete Russell für die Software (u.a. Erstellung des KERNEL (Die Legende vom Namen "KERNAL", Robert Russel: "Ich verschreib mich in der Überschrift auf der ersten Seite. So wurde der "Kernal" geboren.") und die Integration von Microsoft Basic 2.0) verantwortlich. Auf der Messe Comdex 1980 machte Jack Tramiel Russell das ernst gemeinte Angebot, ihm statt seines Gehalts fortan einen Dollar für jedes verkaufte Exemplar des zukünftigen VC-20 zu zahlen. Da Russell den durchschlagenden Erfolg des neuen Computers seinerzeit nicht im entferntesten erahnen konnte, lehnte er ab und verzichtete damit auf geschätzte 2,5 Millionen Dollar.
Die Gunst Jack Tramiels machte Russell jedoch nicht immun gegen dessen legendäre Tobsuchtsanfälle, firmenintern unter dem Begriff "Jack-Attack" bekannt. Als Russell zu einem Meeting Tramiels, bei dem dieser die beiden damals noch miteinander konkurrierenden Prototypen Vixen und TOI vorstellen wollte, mit einem der TOI-Prototypen nach New York flog, verschwand dieser spurlos aus dem Frachtraum der Maschine und wurde nie wieder gesehen. Russell hatte den Computer entgegen Tramiels Anweisung, aber auf Anordnung eines Managers aus seiner Abteilung nicht als Handgepäck mit sich geführt. Tramiel ließ diese Ausrede nicht gelten und Russell wurde einer Jack-Attacke unterzogen. Da sich Russell in der weiteren Zukunft keine derartigen Schnitzer mehr erlaubte, blieb diese Zurechtweisung jedoch letztlich folgenlos.

Die Commodore-Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach erfolgreichem Abschluss der Arbeiten am VC-20 konzentrierte sich Russell für einige Zeit auf dessen Peripherie, mit der seinerzeit ebenso viel Geld zu verdienen war wie mit dem Computer selbst. So entwarf er unter anderem das IEEE-488 Schnittstellenmodul, das Modem VIC-1210 sowie die diversen von Commodore angebotenen Speichererweiterungen für den VC-20. Der nächste größere Entwurf aus Russells Feder war das zum VC-20 passende Diskettenlaufwerk VC 1540, welches später für den Einsatz am C64 zur VC 1541 weiterentwickelt wurde. Als der VC-20 1981 fertiggestellt war, begannen schon bald darauf im Herbst des gleichen Jahres die Arbeiten an einem verbesserten und höher am Markt positionierten Nachfolger. Aus diesem zunächst als VIC-40 bezeichneten Projekt sollte schließlich der C64 entstehen. Während für die Hardware Ingenieure wie Al Charpentier, Charles Winterble und Bob Yannes verantwortlich waren, betraute man mit der Software nach dessen hervorragender Arbeit am VC-20 wiederum Bob Russell. Aufgrund des sehr eng gesteckten Zeitplans, Jack Tramiel wollte den neuen Computer schon auf der CES im Frühjahr 1982 vorstellen, verbrachten die beteiligten Ingenieure den größten Teil der Zeit am Arbeitsplatz. In dieser Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft zwischen Russell und Bob Yannes. Russell wollte ursprünglich ein besseres BASIC im C64 verbauen als das alte, vom VC-20 übernommene BASIC 2.0. Unglücklicherweise war in den verbauten ROM-Chips nicht mehr der dafür erforderliche Speicherplatz frei, und Jack Tramiel lehnte den Einbau eines zusätzlichen ROM-Chips strikt ab, da er Dingen wie Software kaum Bedeutung beimaß und gegenüber den Mehrkosten von 3 US$ pro Computer keinen Nutzen erkennen konnte. Somit erhielt auch der C64 das antiquierte BASIC 2.0 .
Russell erhielt einen Bonus für seine unkonventionelle Lösung des sogenannten "Sparkle Bug" im VIC-II Videochip der frühen C64. Hierbei erscheinen bei steigender Chiptemperatur unkoordiniert helle Pixel auf dem Bildschirm. Statt den Chip aufwändig zu ändern und die bisher produzierten Exemplare verschrotten zu müssen, veränderte Russell die Software dahingehend, dass die unerwünschten Farbpixel einfach in blau auf blauem Hintergrund dargestellt wurden und somit unsichtbar waren. Eine für Russell typische und ebenso effiziente wie einfache Lösung des Problems.
Ein anderes schwerwiegendes Problem mit der Hardware des neuen Computers konnte Russell jedoch nicht mehr beheben. Ursprünglich war vorgesehen, dass VC 1540 Disklaufwerk des VC-20 durch ein wesentlich schnelleres Laufwerk unter der Bezeichnung VC 1541 zu ersetzen. Das Problem der VC 1540 bestand in den sowohl im Laufwerk als auch im VC-20 verbauten I/O-Chips vom Typ MOS 6522 VIA. Diese enthielten einen schwerwiegenden Designfehler, welcher es notwendig machte, die theoretisch erreichbare Datenübertragungsrate auf ca. ein Viertel des möglichen Werts zu reduzieren. Aus diesem Grund kam im C64 der überarbeitete und fehlerbereinigte MOS 6526 CIA zum Einsatz, der eine wesentlich schnellere Übertragung erlaubt hätte. Auch die neue VC 1541 sollte zu diesem Zweck mit den neuen Chips ausgestattet werden. Um die höhere Bandbreite auch nutzen zu können waren jedoch zusätzliche Datenleitungen auf der Platine des C64 notwendig. Da Russell die dazu passenden Hochgeschwindigkeits-Routinen jedoch aus Zeitgründen noch nicht geschrieben hatte und die Prototypen noch mit der vom VC-20 bekannten Software betrieben wurden, konnten die für das Platinenlayout verantwortlichen Ingenieure keinen Sinn in den zusätzlichen Leitungen erkennen, und ließen diese um Produktionskosten einzusparen kurzerhand weg. Als Russell schließlich seine verbesserten Routinen einfügen wollte und den Fehler bemerkte, war es bereits zu spät. Um die 100.000 fehlerhafte Mainboards waren bereits produziert worden, so dass eine Änderung der laufenden Serie nicht mehr in Frage kam. Aus diesem Grund musste Russell, zutiefst verärgert, seine geplanten Verbesserungen an der VC 1541 zu den Akten legen. Das Laufwerk wurde daher praktisch Baugleich mit der VC 1540 mit nur leicht abgeändertem und an den C64 angepassten ROM ausgeliefert und ging als eines der langsamsten Diskettenlaufwerke aller Zeiten in die Computergeschichte ein. Die von Russell erdachten Verbesserungen wurden schließlich beim späteren C128 und der zugehörigen Floppy VC 1570 in die Praxis umgesetzt.
Nach Fertigstellung des C64 und dem Weggang der meisten daran beteiligten Ingenieure mit Ausnahme von Bob Russell, arbeitete dieser ab 1983 gemeinsam mit dem späteren Entwickler des Atari ST, Shiraz Shivji in leitender Funktion am nächsten, von Jack Tramiel vorgegebenen Projekt: Einem als potentiellen Sinclair-Killer und Nachfolger des erfolgreichen VC-20 positionierten Low-Cost-Computer. Herzstück dieses neuen Rechners für das untere Ende des Marktes wurde der Multifunktionschip TED, welcher nach dem Vorbild des alten VIC wieder einen integrierten (wenn auch schwachen) Tongenerator besaß und eine Palette von 121 Farben darstellen können sollte. Dieser Chip wurde zum Herzstück der sich aus dem TED-Projekt entwickelnden Baureihe C264. Die zugehörigen Computer wurden vom ebenfalls 1983 zu Commodore gestoßenen Bil Herd zur Serienreife weiterentwickelt, konnten die Erfolge ihrer Vorgänger aufgrund einer falschen Positionierung am Markt und schlechten Marketings aber nicht mehr annähernd erreichen.
Bob Russell, nach dem Abgang von Charles Winterble zum leitenden Ingenieur bei Commodore aufgestiegen, bewies im Jahre 1983 eine glückliche Hand bei der Auswahl neuen Personals welches die von Commodore abgewanderten Ingenieure ersetzen sollte. Mit der Einstellung u.a. von Bil Herd und Dave Haynie gelang es ihm, einige hochbegabte neue Ingenieure für Commodore zu verpflichten. Diese beiden waren auch die Hauptverantwortlichen für die letzte von Russell bei Commodore eingeleitete Neuentwicklung: Den C64-Nachfolger Commodore 128, oder kurz C128.
Nach Jack Tramiels Entmachtung und dessen Ausscheiden aus der Firma 1984 wurde Bob Russell später im Jahr von Commodore zu einer jungen, aufstrebenden Computerschmiede namens Amiga Corporation ausgeschickt, um deren laufendes Projekt mit Codenamen Lorraine zu bewerten, da sich Commodore hier die einmalige Möglichkeit ergab, einen weit fortgeschrittenen 16-Bit-Computer im Prototypenstadium zu übernehmen. Commodore hatte den Übergang zur 16-Bit-Technologie lange Zeit sträflich vernachlässigt. Aus der hauseigenen Chipabteilung MOS war auf absehbare Zeit kein entsprechendes Produkt zu erwarten, somit kam die mögliche Übernahme der Technologie der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Firma Amiga genau zur rechten Zeit. Hinzu kam für Commodore die allzu verlockende Möglichkeit, ihrem früheren CEO und jetzigen Inhaber von Atari, Jack Tramiel, ein Schnippchen zu schlagen, da dieser kurz davor stand seinerseits Amiga zu übernehmen. Bob Russell zeigte sich vom vorgefundenen Produkt stark beeindruckt und war überzeugt, dass dies der richtige Weg in die Zukunft sei. Nachdem Russell seinen fachlichen Standpunkt der Firmenleitung verdeutlicht hatte, fiel die Entscheidung nicht nur den halbfertigen Prototypen, sondern die gesamte Firma Amiga inklusive der verantwortlichen Ingenieure zu übernehmen. Die Weichen für einen weiteren Meilenstein der Computergeschichte, den Commodore Amiga, waren somit gestellt. Allerdings äußerte Russell Unverständnis dafür, gleich die komplette Firma aufzukaufen, da die eigentlich nur gewünschte Technologie für einen Bruchteil der für die Firma geforderten 24 Millionen US$ zu haben gewesen wäre. Dieses Geld fehlte Commodore später schmerzlich bei der Vermarktung ihres neuen Produktes. Auch fand Russell kein Gehör bezüglich der Positionierung des neuen Geräts. Russell forderte dringend einen C64-Nachfolger, da der C128 dieser Rolle kaum gerecht wurde und mit dem Amiga die ideale Technologie zur Verfügung stand, was durch den erst viel später erschienenen Amiga 500 klar unter Beweis gestellt wurde. So fristete der neue Computer in Gestalt des Amiga 1000 während seiner ersten beiden Jahre ein zwar viel beachtetes, aber kaum profitables Nischendasein am Markt, während die Konkurrenz, allen voran der Atari ST, die Zeit nutzen konnte, um den technischen Vorsprung des Amiga aufzuholen und Marktanteile zu erobern.

Der Abschied von Commodore[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1985 schlitterte Commodore in eine ernstzunehmende finanzielle Krise, nachdem durch den Amiga-Aufkauf die finanziellen Reserven aufgebraucht waren, die C64-Verkäufe zurückgingen, aber der Amiga 1000 aufgrund seines hohen Preises kaum Käufer fand. Als Retter in der Not engagierte man den vormaligen Pepsi-Manager Thomas Rattigan, der die Firma mit eiserner Hand sanierte. Unrentable Produkte wie der immer noch produzierte VC-20 oder die gesamte 264-Baureihe, wurden eingestellt. Neben Verkäufen von Immobilien und anderen, nicht benötigten Sachwerten, trafen die Firma auch mehrere Entlassungswellen. Sämtliches nicht unbedingt benötigte Personal musste die Firma verlassen. Dies betraf auch diejenigen Ingenieure, die nicht unmittelbar mit einer der verbleibenden Produktlinien C64, C128 oder Amiga befasst waren und ohne Ansehen der Person oder zuvor geleisteter Dienste aus der Firma entfernt wurden, darunter auch Bob Russell. Damit hatte der letzte der "alten" Commodore-Ingenieure, welche maßgeblich zum Aufstieg der Firma beigetragen hatten, das Unternehmen verlassen.


Bob Russell arbeitet heute in leitender Funktion für die Firma Quadrant International, einem Hersteller von Kamera- und Videoprodukten zum Anschluss an PC-Systeme.


Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bagnall, Brian: On The Edge: The Spectacular Rise and Fall of Commodore, ISBN 0-9738649-0-7.
  • Bagnall, Kretzinger, Forster: VolksComputer: Aufstieg und Fall des Computer-Pioniers Commodore und die Geburt der PC-Industrie, ISBN 978-3-00-023848-2

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]