EMV

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Die Abkürzung EMV steht für "Elektromagnetische Verträglichkeit". Gemeint ist damit der Grad, in dem sich technische Geräte durch elektromagnetische Effekte gegenseitig beeinflussen. Wünschenswert ist selbstverständlich eine hohe Verträglichkeit bzw. eine möglichst niedrige Aussendung von Störungen.

Dieser Artikel soll das Thema vorwiegend in Bezug auf den C64 behandeln, da eine Kenntnis des Phänomens EMV für eine gründliche Problemdiagnose sehr hilfreich, wenn nicht unabdingbar ist. Es wird zwar zum besseren Verständnis auch einiges über EMV im Allgemeinen gesagt, jedoch ohne auf die physikalischen Ursachen näher einzugehen.

Definition "EMV"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

EU-EMV-Richtlinie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 der EU-Richtlinie 2014/30/EU ist die elektromagnetische Verträglichkeit "[...]die Fähigkeit eines Betriebsmittels, in seiner elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu arbeiten, ohne dabei selbst elektromagnetische Störungen zu verursachen, die für andere Betriebsmittel in derselben Umgebung unannehmbar wären[...]".

Es geht also einzig um den störungsfreien Betrieb eines elektrischen Gerätes in Bezug auf andere elektrische Geräte. Diese Störungen sind allgemein als existent anerkannt und nachweisbar.

Abgrenzung zu EMVU[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz dazu geht es bei der EMVU um die elektromagnetische Umweltverträglichkeit. Insbesondere schädliche Auswirkungen auf den Menschen soll durch die Aufstellung von EMVU-Grenzwerten begegnet werden. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und entsprechende EU-Normen haben diesbezüglich bereits seit den 1990er Jahren Regelungen getroffen. Ob und inwieweit elektromagnetische Felder den Menschen bzw. seine Umwelt tatsächlich negativ beeinflussen, ist umstritten. Messungen und Untersuchungen über die Auswirkungen von "Elektro-Smog" bzw. Handy-Strahlung lieferten bislang keine plausiblen Daten.

Störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Definition "Störung"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die EU-Richtlinie 2004/108/EG definiert in Artikel 2 e) elektromagnetische Störung als "[...]jede elektromagnetische Erscheinung, die die Funktion eines Betriebsmittels beeinträchtigen könnte. Eine elektromagnetische Störung kann ein elektromagnetisches Rauschen, ein unerwünschtes Signal oder eine Veränderung des Ausbreitungsmediums selbst sein."

Störungsarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man unterscheidet feldgebundene und leitungsgebundene Störungen. Im ersteren Fall empfängt ein leitfähiges Metallteil wie eine Antenne das interferierende elektromagnetische Feld. Im zweiten Fall erfolgt die Störung über ein Kabelnetz, z.B. die Stromversorgung.

Auswirkungen von elektromagnetischer Störung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am geläufigsten dürfte der feldgebundene Störeffekt sein, den ein Handy bei Netzsuche oder Kommunikation auf in der Nähe befindliche Lautsprecher ausüben kann, was sich durch ein Knistern äußert. Aber es wurde auch schon von schlecht entstörten Staubsaugern berichtet, die durch leitungsgebundene Störung ein DSL-Modem lahmlegten. Steht eine Lautsprecherbox zu dicht in einem ungünstigen Winkel zu einem Röhrenfernseher, kann sich das Bild durch das magnetische Feld der Box verfärben. Häufig sind auch Mikrowellen als Störquelle ausgemacht worden. Aber es gibt eigentlich kaum eine Gerätegruppe, von der keine elektromagnetischen Störungen überliefert sind.

C64 und Peripherie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • C64 - Monitor/Fernseher: Ein unzureichend oder gar nicht abgeschirmtes Gerät kann an einem Anzeigegerät das Bild beeinträchtigen. Konkret kann es durch EM-Störungen passieren, dass das Bild flackert oder flimmert bzw. Schlieren aufweist. Bevor man also vorschnell einen VIC-Chip als defekt diagnostiziert, sollte man einfach mal probieren, was passiert, wenn man den Rechner etwas weiter vom Anzeigegerät wegrückt bzw. den Winkel ändert. Wenn man den C64 mittels Scart-Eingang an ein TV-Röhrengerät anschließt, sollte auf keinen Fall die Antennenbuchse belegt sein, etwa mit einem Koaxialkabel zur Kabelfernsehenbuchse in der Wand, sonst erhält man teilweise "tolle" Rastereffekte, die so kein Mensch als Programm coden könnte, das Bild aber leitungsgebunden erheblich stören.
  • Floppy/Datasette - Monitor/Fernseher: Stehen die mit Speichermedien arbeitenden Peripheriegeräte zu dicht am Anzeigegerät, kann dessen elektromagnetisches Feld Fehler beim Laden oder Speichern von Daten verursachen. Umgekehrt kann z.B. auch die Interferenz der Floppy das Monitorbild beeinträchtigen.
  • Netzteile - Peripheriegeräte: Besonders, wenn Netzteile zu dicht an Geräten stehen, kann es auch zu Fehlfunktionen aufgrund der vom Netzteil ausgesendeten EM-Feldern kommen.
  • Mehrere Floppys: Auch untereinander können sich Peripheriegeräte stören. Wenn man beispielsweise seine Floppys stapelt, kann es zu sehr merkwürdigem Verhalten bzw. Absturz von geladenen Programmen kommen. Wenn also ein geladenes Programm aus unerfindlichen Gründen abstürzt und man aus seinen Diskettenlaufwerken einen Turm gebaut hat, kann auch hier eine Fehlerursache liegen; man sollte den Turm also einfach mal testweise abbauen und das Programm dann neu laden.

C64 und andere elektronische Geräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch von sonstigen Geräten wurden auf den C64 einwirkende Störeffekte beobachtet. So kann z.B. eine schlecht entstörte Waschmaschine unangenehme leitungsgebundene Effekte auf den Betrieb des Computers haben. Aber auch der C64 kann bei unzureichender oder nicht vorhandener Abschirmung unerwünschte Effekte haben, etwa auf das Fernsehbild oder den Radioempfang des Nachbarn.

Störquellen im C64[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insbesondere an den Öffnungen an der Rückseite für Userport und Expansionsport entweicht elektromagnetische Energie. Besonders starke Emissionen gibt es am Anschluss des RF-Modulators, welcher ja auch dafür zuständig ist, über ein Koaxialkabel das Bild an einen Fernseher zu senden. Darüber hinaus wird auch durch das Netzteil EM-Energie abgestrahlt.

Abschirmung im C64[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon in den 1980er Jahren war man sich bei Commodore des Problems bewusst und hat Maßnahmen getroffen, um es zu minimieren.

Platine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es lassen sich zwei gängige Maßnahmen für eine bessere EMV im C64 finden:

Silberpappe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oben: Variante aus C64C ASSY250469 mit Aussparungen für Kabel und Lüftung Unten: alte Silberpappe für große Platinenvariante ohne Aussparungen

Die weit häufigere - und mit weniger Produktionskosten verbundene Methode - ist die sogenannte "Silberpappe". Konkret handelt es sich um eine dünn mit Metall beschichtete Pappe, in welche die gesamte Platine – bis auf die Gehäuserückseite und die rechte Seite – eingeschlagen ist. Von der Platine aus gesehen weist die beschichtete Seite der Pappe nach außen. Es gibt verschiedene Varianten der Pappe. Je nach Modell hat die Pappe unterschiedliche Aussparungen. Einige sind für durch die Pappe laufende Kabel der LED und der Tastatur. Andere Löcher sind für Verschraubungen der Platine mit dem Gehäuse frei gelassen worden. Hier und dort sind gitterförmige Lochmuster, die scheinbar einer besseren Belüftung von wärmekritischen Chips dienen soll.

Befestigung: Unten ist die Pappe also zwischen Platine und Gehäuse verschraubt. Oben ist sie normalerweise mit einer Klammer am Blechkasten des Expansionsport festgeklemmt, so dass man die Pappe leicht abziehen und zurück klappen kann. Der für den User ungünstigere Fall, dass die Klammer der Pappe mit Nieten am Blech befestigt wurden, tritt seltener auf.
Wichtig: Wenn man die Klammer (ob nun gesteckt oder genietet) löst, sollte man sie vor dem Schließen des Gehäuses und der Wiederinbetriebnahme unbedingt wieder an den Expansionsport klemmen, denn das Material ist leitfähig und kann bei Kontakt zur Platine Kurzschlüsse verursachen.

Abschirmblech[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Foto vom Abschirmblech mit freundlicher Genehmigung von forum64.de-User helmutx

Hin und wieder trifft man auch auf ein Abschirmblech, das die Platine umgibt. Auch dieses Blech spart die Rückseite aus. Z.T. sind vom Blech Zungen herausgeformt worden, welche nach unten gebogen direkten Kontakt zu den Chip-Oberseiten herstellten. Auf diese Weise wird die in den Chips entstehende Wärme abgeleitet, so dass das Blech auch als großer Kühlkörper wirkt. Herrschende Meinung ist, dass diese Variante deshalb seltener anzutreffen ist, da die Lösung in der Produktion teurer war als die sog. Silberpappe.

Chips[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der RF-Modulator (oben links) und der Expansionsport (oben rechts) sitzen wahrscheinlich aus gutem Grund hinter Blech. Beim VIC (unten links) sind viele Besitzer wegen der ungünstigen Temperaturauswirkungen anderer Meinung und löten den Blechkasten, wie hier aus - der Rahmen ist aber noch zu erkennen.

Bis auf die letzte Platine mit der ASSY 250469 war es gängige Praxis, den VIC und seine unmittelbare Umgebung in einem separaten Blechkasten abzuschirmen, oftmals mit einer Metallzunge im Deckel, welche den VIC kühlen soll. Die Maßnahme dürfte mehr dem Schutz des Chips vor EM-Feldern der Umgebung gedient haben als umgekehrt.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Generell befinden sich in allen Platinen-Varianten der Expansionsport und der RF-Modulator in separaten Blechkisten, welche elektromagnetisch abschirmen. Am RF-Modulator sind teilweise Aussparungen bzw. Löcher, damit man ohne Öffnen die Drehkondensatoren mit dem Schraubendreher erreichen kann.

C64 Anschluesse Rechts.jpg

Auf der rechten Seite des älteren C64-I-Gehäusetyps (sog. Brotkasten-Design) ist eine Metallplatte mit Aussparungen für den Netzteilanschluss und die Controlports verbaut. Der Logik folgend, dass der Hersteller zusätzliche Produktionskosten nicht grundlos in Kauf genommen hat, kann geschlussfolgert werden, dass auch diese Platte der Abschirmung elektromagnetischer Felder dient.

Alternative Abschirmung durch Lackierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heutzutage gibt es im Elektrotechnikhandel des Vertrauens speziellen metallhaltigen Abschirmlack zu kaufen. Sprüht man das Gehäuse eines C64 damit von innen aus, so erhält man ein gegenüber den damaligen Methoden besseres EMV-Ergebnis.
Kurzanleitung (weder das C64-Wiki noch der Autor übernimmt irgendwelche Haftung im Falle von unerwünschten Ergebnissen)

Bildmaterial zur Anleitung mit freundlicher Genehmigung von AREA51HT
  • Vorbereitung
    • EMV-Lack besorgen: Ein großer Hersteller vertreibt Abschirmlack auf Kupferbasis in 200ml-Dosen für etwas über € 20,-. Im Idealfall reicht 1 Dose für 2 komplette Gehäuse.
    • Gehäuse präparieren: zunächst einmal alles lose schrauben, Platine, Tastatur, LED und ggf. Silberpappe entnehmen. Wenn die Klammer der Silberpappe genietet ist, die Pappe notfalls einfach mit der Schere abtrennen. Dann die Gehäuseseiten sorgfältig abkleben, so dass wirklich die Außenseite nichts abkriegt. Nicht vergessen auch die Lüftungsschlitze abzukleben.
    • Tastatur präparieren: Tasten vorsichtig abhebeln, besonders bei Space  ist Vorsicht geboten. Ggf. Shift-Lock  mittels Lötkolben oder Seitenschneider entfernen. Dann die Platine vom Tastatur-Träger abschrauben und den schwarzen Plastikträger mit Klebeband bzw. Papier so präparieren, dass die Auflagefläche, auf welche die Platine später wieder aufgeschraubt wird, keinen Lack abbekommt.
  • Lackieren
    • Hinweise auf der Sprühdose beachten!
    • Die gesamte Innenoberfläche der Gehäusehälften erhält eine dünne Lackschicht.
    • Die Auflageflächen der Gehäusehälften werden auch lackiert, was etwas Fingerspitzengefühl erfordert, wenn die Außenseite sauber bleiben soll.
    • Im Bereich von Verschraubungen wird besonders großzügig lackiert, um später eine einwandfreie elektrische Verbindung der Gehäuseteile herzustellen.
    • Den präparierten Tastaturträger lackieren.
    • WICHTIG: Um Kurzschlüsse zu vermeiden, kann man den Boden des Gehäuses dort, wo die Platine aufliegt, zusätzlich mit einer Schicht nicht-leitfähiger Farbe behandeln. Alternativ legt man unter die Platine eine Pappe. Da das Kunststoffgehäuse nun leitfähig ist, sollte unbedingt eine der Varianten umgesetzt werden!
  • Zusammenbau
    • Tastatur (optional): Wenn man die Kleinteile schon einmal in der Hand hat, kann man ihnen vor dem Einbau eine Reinigung gönnen und die Gummikontakte mit Graphit einreiben. Wer Shift-Lock  nicht missen möchte, der kann die Kabel jetzt wieder anlöten.
    • Gehäuse: Im Grunde wird nun alles ohne die Silberpappe bzw. das Abschirmblech wieder zusammengesetzt. Wer den Gehäuseboden unter der Platine nicht zusätzlich behandelt hat, der sollte nun nur unter die Platine eine Pappe legen, s.o.

Vergleich der Methoden durch Messergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Forum64-Mitglied AREA51HT hatte die Möglichkeit, EMV-Messungen in einer speziell dafür vorgesehenen Kammer durchzuführen. Er hat die Ergebnisse im Forum vereinfacht wiedergegeben (siehe Weblinks), hier werden sie nochmals verkürzt zusammengefasst:

C64 Brotkasten ASSY 250407 mit Original Silberpappe Gehäuserückseite: Hohe Störrate bis < 100 MHz
Front/Boden: geringe Störrate
Tastatur: Störungen bis 1 MHz
C64 Brotkasten ASSY 250407 ohne Abschirmung
(Gehäuse aber nach Entnahme der Pappe wieder geschlossen)
in alle Richtungen gleichmäßig 8 × so hohe Strahlung im Vergleich zum Modell mit Pappe, insbesondere im Bereich bis < 10 MHz
C64 mit Abschirmblech nicht getestet
C64 C-Gehäuse nicht getestet
C64 Brotkasten ASSY 250407 mit EMV-Lackierung Gehäuserückseite: Im Vergleich zur Pappabschirmung eine Abnahme um 3 db

Tastatur: Störung im Bereich < 1 MHz beseitigt, dafür leicht gestiegen bei < 100 MHz
Gesamtabstrahlung: Im Vergleich zur Silberpappe verringert und unkritisch

Fazit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Chips (hier in einem mit Abschirmlack beschichteten C64C) haben nun ohne Pappe Luft zum Atmen, zusätzliche Kühlung besorgen günstige IC-Kühlkörper aus dem Elektronik-Handel

Einerseits überraschte die Messreihe viele dadurch, dass die Pappe tatsächlich einen messbaren Nutzen hatte. Viele Benutzer haben sie einfach als lästig bzw. durch die Verminderung der Luftzirkulation sogar schädlich (weil temperatursteigernd) angesehen und entfernt. Dass die Gesamtabstrahlung sich ohne Pappe verachtfacht, hätte wohl kaum jemand erwartet. Allerdings ist relativierend darauf hinzuweisen, dass die Strahlung eines herkömmlichen Handys auch diesen Wert deutlich überschreitet. Leider liegen keine Messungen über den Blechkasten vor.

Die Verbesserung des TV-Bildes mit der Abschirm-Lackierung im Vergleich zu einer Original-Papp-Abschirmung wurde nachgewiesen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass durch die Lackierung guten Gewissens auf die temperatursteigernde Pappe verzichtet werden kann. Durch den zusätzlichen Einbau von Kühlkörpern auf SID, VIC, PLA, CPU und evtl. KERNAL erreicht man eine beachtliche Temperaturreduktion. Ob man die Arbeit und die Kosten einer EMV-Lackierung auf sich nimmt oder aber weiterhin die Pappe einfach ohne Ersatzmaßnahmen herausreißt, muss jeder selbst entscheiden.

Generell kann es bei der Fehlerdiagnose aber nicht schaden, sich über die Existenz elektromagnetischer Felder und deren Auswirkungen bewusst zu sein.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

WP-W11.png Wikipedia: Elektromagnetische_Verträglichkeit
WP-W11.png Wikipedia: Richtlinie 2014/30/EU über die elektromagnetische Verträglichkeit


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