Interview mit Arndt Dettke

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Interview
Interview mit Arndt Dettke, alias GoDot
Bekannt als Programmierer von GoDot
Geführt von Thorsten Schreck
Erstveröffentlichung CeVi-Aktuell Ausgabe 5 (2006)


Startbildschirm von GoDot.

Hallo Arndt, vielen Dank für dieses Interview, in dem Du uns auch Dein Werk GoDot näher bringst. Bitte stell Dich kurz vor und erzähl wie Du zu dem C64 gekommen bist, insbesondere, wie das Programm GoDot entstanden ist.

Arndt Dettke

Ich heiße Arndt Dettke und bin 1953 geboren. Meinen ersten C64 habe ich Anfang 1983 gekauft, per Versandhandel aus Süddeutschland, anders ging das noch nicht. Er hat die Seriennummer WGA 13477, eine alte Kiste, die immer noch unverwüstlich ihren Dienst verrichtet. Eigentlich wollte ich mir damals eine Videokamera kaufen, aber als großer Science-Fiction-Fan dachte ich mir, ich könnte die 1300 Mark auch mal in sowas Utopisches wie einen Computer investieren. Hat sich gelohnt, wenn man das im Nachhinein betrachtet! ;-)

Zu GoDot bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kind ("weiß nicht genau, wie...") Ich hatte mich vorher intensiv mit Maschinensprache beschäftigt, und zwar, weil mir jemand eine Diskversion der Basic-Erweiterung "Simons' Basic" geschenkt hatte. Ich fand SB toll, weil es mir zum ersten Mal deutlich machte, dass so ein C64 ja viel, viel mehr leisten würde, wenn man ihm nur sagen könnte wie. (Spiele haben mir diese Erkenntnis nicht vermittelt, die waren für mich eher so wie Comics, wo ich auch lange Zeit niemals daran gedacht hatte, dass die ja irgend jemand zeichnen muss, die waren einfach so, und fertig!) Beim Arbeiten mit SB fiel mir aber immer öfter und immer deutlicher ins Auge, dass dies Basic eigentlich nur aus einem unglaublichen Haufen von Fehlern bestand. Nichts funktionierte so, wie es sein sollte. Was kann man da tun? Man muss es anders machen. Ich habe SB bis ins Kleinste analysiert, um seine Funktionsweise zu verstehen und dann bin ich drangegangen und hab es neu programmiert, zunächst einsprungkompatibel, weil ich dachte, das wäre besser. Bei der Gelegenheit hab ich gleich zwei Dutzend neue Befehle (und Modifikationen bei vorhandenen) reingebastelt, sodass Simons' Basic endlich meinen Wünschen entsprach. Diese Version kann man heute von meiner GoDot-Homepage herunterladen.

TSB-Oberfläche des NRW-Auftrags von 1989

Weil es eine komplett neue Version ist, hab ich ihr den Namen "Tuned Simons' Basic" (TSB) gegeben. Später hab ich eine weitere Version geschrieben, die nicht mehr einsprungkompatibel war, und dabei das System erheblich gestrafft. Diese Version ist in einem Auftrag für eine Lernsoftware-Serie des Landes Nordrhein-Westfalen verwendet worden, war aber nie endgültig fertig (nur soweit, wie ich das damals brauchte, sagen wir zu 80 Prozent). In dieser Version hab ich Editor und Runtime voneinander unabhängig gemacht (es gab ein Runtime-Only-Modul).

Für den Landesauftrag hab ich in TSB eine grafische Oberfläche programmiert, vom Aussehen ähnlich GEOS (was damals was absolut Edles war, Windows steckte noch in den Kinderschuhen! Siehe Bild.) Und jetzt kommt GoDot ins Spiel. ;-)

Eines Tages (im Jahre 1991) stand Wolfgang Kling (den ich nur flüchtig von Partys und so kannte) vor meiner Tür und meinte zu mir "Du kannst doch Maschinensprache programmieren. Hast du nicht Lust, mal was mit Grafik zu machen?" Ja, hatte ich schon, nur viel Ahnung davon hatte ich nicht. "Macht nix, das zeig ich dir. Komm mal mit zu mir." Was ich dann tat. Und dann zeigte mir Wolfgang auf seinem Amiga, was man mit Bildern so alles anstellen kann. Er benutzte dafür das Programm "Art Department Professional", damals das Nonplusultra bei den Amiga-Grafikprogrammen, so eine Art Photoshop für den Amiga. "Wäre doch toll, wenn das auf dem C64 auch ginge!" Ja, das fand ich auch. Ich war begeistert.

Der Startbildschirm von GoDot

Kaum zuhause, schrieb ich in TSB (!) die erste Version des GoDot-Desktops. Sie sah schon fast genauso aus wie die jetzt noch gültige. Ich musste dazu eigentlich nur den Zeichensatz designen, das Ganze auf dem Bildschirm layouten und mir was mit der Maussteuerung ausdenken. Zwei Tage später hab ich Wolfgang das Ergebnis vorgeführt. Er war platt, wie ähnlich alles seinem AdPro sah. Das war die Geburtsstunde von GoDot.


Wie hat sich GoDot in der Welt (weltweit) durchgesetzt?

Gar nicht! ;-) Im Ernst, jeder kennt es oder hat zumindest schon mal was davon gehört. Aber kaum jemand nutzt es. Von ein paar rühmlichen (wirklich!) Ausnahmen mal abgesehen, z.B. hat Stefan Gutsch sein SuperCPU-Spiel "Metal Dust" mit GoDots Hilfe gepaintet und die zum SuperCPU-Betriebssystem WiNGs gehörenden Desktop-Hintergründe sind auch mit GoDot gemacht.

Wahrscheinlich liegt es daran, dass es nie ein ordentliches Handbuch gegeben hat. Die Artikel in der 64'er und GO64! haben auch nie eine nennenswerte Resonanz hervorgerufen, am ehesten gab es Rückmeldungen aus Amerika, wo ich seit Jahren eine Workshop-Serie für verschiedene Newsletters schreibe. Aber die haben keine besonders große Verbreitung. Man kann die letzten Ausgaben übrigens von meiner Homepage herunterladen. Na ja, ohne Handbuch steht man halt vor den über 200 GoDot-Modulen wie Micky Maus vorm Himalaja... Man probiert ein bisschen, kriegt nix Ordentliches heraus und schmeißt den Kram in die Ecke. Und die Coder schreiben sich schnell ihre eigene Routine, bevor sie lange mit einem "fremden" Programm rummachen. Schade, denn wir hatten am Anfang viel Hoffnung darin gesetzt, dass solche Leute massenweise ihren Kenntnissen sozusagen zu ewigem Leben verhelfen würden, indem sie GoDot-Module schrieben. Die Module sind ja alle ganz winzig, nichts wirklich Dolles, wenn auch ein paar richtige Juwelen darunter sind. Aber das große Ganze macht's ja erst. Einer hat mal einen (super) Plasmagenerator geschrieben.

Nee, durchgesetzt hat sich GoDot nicht. Aber jeder weiß, dass es was Besonderes sein muss. Ist ja letztlich auch nicht schlecht...


Finde ich wirklich schade, das erklärt aber auch, warum mir am Anfang GoDot nichts sagte (sorry).

Eben. Kenn ich ja. ;-) Im Grunde hat man immer nur was von GoDot gehört. Vielleicht, weil es einmalig ist (jetzt nicht qualitativ, sondern quantitativ). Es ist das einzige seiner Art auf dem C64, da muss man es halt "kennen".


Da es heute ja noch eine recht aktive Retro-Gemeinschaft gibt, wird sich bestimmt noch der eine oder andere damit auseinandersetzen.

Vielleicht nützt mein Wiki-Artikel ja dabei. Ich vermeide darin alles, was mit bestimmten Modulen oder sogar deren Einstellungen zu tun hat, und zeige nur, was man mit GoDot so alles zaubern kann. Und das sollte beeindruckend genug sein, dass man mal Lust kriegt, sich vielleicht die Workshop-Artikel auf meiner Homepage näher anzuschauen. Sind allerdings in Englisch (die deutschen Sachen dort sind über zehn Jahre alt, das kann man inzwischen meist viel einfacher).
(Edit: Inzwischen gibt es auch deutschsprachige Tutorials.)


Welche Voraussetzungen (Programmierkenntnisse) sind notwendig, um mit GoDot zu arbeiten?

Programmierkenntnisse? Wozu?

Aus der kurzen Antwort entnehme ich, dass GoDot selbst von mir bedient werden könnte?

Ja, eigentlich soll GoDot selbsterklärend sein (wenn man Englisch kann). Ich räume aber gerne ein, dass man schon mal mit einem Bildbearbeitungsprogramm umgegangen sein muss, damit man überhaupt weiß, wozu sowas gut ist. Wer ein Malprogramm erwartet, wird herb enttäuscht sein, denn richtig malen kann man mit GoDot nicht, nur in Bilder "eingreifen"... Ich gebe auch unumwunden zu, dass die vielen Module, die man angezeigt kriegt, wenn man in GoDots Datei-Dialog eintritt, den Usern, die sich mit Bildbearbeitung nicht auskennen, relativ wenig sagen. Wer also noch nie den Adobe Photoshop oder Gimp benutzt hat, kann mit GoDot nichts anfangen. Es gibt ja kein anderes C64-Programm, mit dem man es vergleichen könnte und dadurch einen besseren Einstieg fände.


Ich habe gesehen, dass Protovision GoDot in einigen Spielen verwendet. Arbeitest Du mit denen zusammen?

Nein, Chester Kollschen und Stefan Gutsch verwenden GoDot eben als Werkzeug. Das ist ja der Zweck, für den ich es entwickelt habe. Coder bzw. Grafiker sollten nach meiner Vorstellung mit einem C64-basierten Tool ihre Arbeit direkt am Zielgerät (C64) verrichten können, damit die Ergebnisse unmittelbar überprüfbar sind, ohne lästiges Hin-und-her-Transferieren der Daten, denn die meisten entwickeln ihre Bilder doch auf PCs. Ich kenne beide natürlich, Chester sogar persönlich. Er hat mich ein bisschen an der Entwicklung von CLiPS teilhaben lassen (das jetzt WiNGs heißt). Wenn er damit weitergemacht hätte, wäre GoDot in einer angepassten Version als freies Gimmick mit releaset worden. Na ja, er hat die Entwicklung von CLiPS aufgegeben und dafür Metal Dust beendet. Ist bestimmt befriedigender für ihn, denn wer interessiert sich schon für Betriebssystem-Coder. ;-)

Metal Dust - Screen erstellt mit GoDots Hilfe


Abschließend noch mal zu Dir und dem C64: Was sind Deine aktuellen Projekte und was möchtest Du dem noch verbleibenden Rest der C64-User auf diesem Wege mitteilen...?

Mein einziges Projekt ist GoDot. ;-) Na ja, im Ernst, gerade abgeschlossen habe ich eine Erweiterung des GoDot-Savers für das geoPaint-Format (man kann jetzt auch in der Bildgröße 320x200 Pixel abspeichern, statt wie vorher nur 640x400. Kurz davor gab es ein Modul, mit dem man die Hintergrundfarbe, die GoDot für ein Multicolorbild errechnet, überschreiben kann, um eine andere zu erzwingen. Ich brauchte das für ein Projekt, das ich auf Anregung von Stefan Gutsch (Metal Dust) in Angriff genommen habe. Es geht darum, sogenannte "Big Bosses" - das sind die Endgegner in einem Spiel - schneller und platzsparender zu erzeugen. Ist fast fertig (schon seit Dezember 2005), bin aber an einem toten Punkt, da nehme ich mir immer eine Auszeit und mach derweil was anderes. Momentan schreib ich gerade einen Lader für den in Amerika offenbar ziemlich weit verbreiteten Video-Digitizer ComputerEyes.

Außerdem schreibe ich nebenbei immer kleine Workshop-Artikel zu GoDot, die in verschiedenen amerikanischen Newsletters (das sind teils ziemlich aufwändige Club-Postillen) erscheinen. Für den "Infinite Loop", hab ich gerade eine Art GoDot-Lexikon begonnen, so eine Sammelseite, wo in jedem Heft ein Modul aus GoDots großem Pool erklärt und illustriert wird. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte... ;-) Die älteren Artikel kann man auf meiner GoDot-Homepage als PDF runterladen, ist aber alles in Englisch...

Wer's lieber in Deutsch mag: Ich schreibe ja gerade im C64-Wiki einen ziemlich umfangreichen Artikel zu GoDot, in dem (zum ersten Mal in dieser Kompaktheit, glaube ich) ein Bogen über die ganze Bandbreite des Programms geschlagen wird. Spezielle Grafiker-Kenntnisse sind beim Lesen nicht erforderlich, der Artikel soll nur jedem zeigen, was GoDot so alles macht.

Apropos schreiben. Ich bin seit einiger Zeit (seit meinem Weggang von der GO64!) Textsupervisor bei der Lotek64 und unterstütze Georg Fuchs ein bisschen. Meine Arbeit besteht in der Hauptsache darin, alle Artikel - egal, ob von Lesern eingereichte oder von den Redakteuren geschriebene - auf sachliche, sprachliche und rechtschreibliche Korrektheit zu überprüfen (und gegebenenfalls umzuschreiben). Ab und zu übersetze ich auch schon mal was vom Englischen ins Deutsche, wenn halt die Zeit knapp wird. Zum Ende des Monats wird's also immer ein bisschen hektisch bei mir und bei uns. Da gehen dann die Mails hin und her und die unfertigen Druckfahnen und so weiter. Macht einen Heidenspaß, und ich glaube, die Leser der Lotek spüren das irgendwie. Es geht ja nicht nur mir so, alle, die an der Lotek mitschreiben, sind mit ihrer ganzen Person dabei, das ist schon ziemlich beeindruckend.

Meine Message an die C64-User? Ich glaube, wer jetzt noch den C64 benutzt, braucht keine besondere Ansprache, der weiß genau, warum er sich mit unserem Brotkasten beschäftigt! Aber weißt du, was ich mir (schon seit 15 Jahren, seit es GoDot gibt) so richtig wünsche? Dass mal ein paar Coder sich mit GoDot beschäftigen und Module dafür schreiben! Vor zehn Jahren gab es zwei, die tolle Sachen beigetragen haben, GoDots Plasma-Generator, ein SIRDS-Modul (echte 3D-Bilder!), ein Bildverzerrungs-Modul a la Goo. Sowas fände ich toll! Ich hab damals extra ein Programmierer-Manual geschrieben, aber außer mir nutzt es leider keiner... ;-)


Mal sehen, ob unser Interview da was ändern kann ;-). Herzlichen Dank von mir und weiterhin viel Spaß mit der alten Brotkiste.


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]