Interview mit Georg Rottensteiner

Aus C64-Wiki
Zur Navigation springenZur Suche springen
Interview
Interview mit Georg Rottensteiner, alias Endurion
Bekannt als Programmierer von Joe Gunn
Geführt von Thorsten Schreck
Erstveröffentlichung CeVi Aktuell 08-09/2007


Joe Gunn

Hallo Georg, vielen Dank für dieses Interview als Hauptentwickler des C64-Spieles Joe Gunn. Bitte stell Dich kurz vor und erzähle dabei wie Du zum dem C64 insbesondere zur Entwicklung von Joe Gunn gekommen bist

Ich heiße Georg Rottensteiner, bin 33 Jahre alt und hauptberuflich sowie leidenschaftlich Programmierer.
Angefangen hatte alles zu Hause im zarten Alter von 5 Jahren. Mein Vater hatte damals einen ZX81 und damit konnte man tatsächlich programmieren. Wir hatten da noch zwei nette Bücher mit Listings. Daran konnte man wunderbar lernen, wie das funktioniert. Außerdem musste man mangels Speichermedium die Programme immer wieder neu eintippen. Es machte einfach wahnsinnig Spaß, da ein paar Zeilen zu schreiben und dann zu sehen, wie sich das auf dem Bildschirm dargestellt hat.
Ein Jahr später stand da plötzlich ein C64. War das ein Wahnsinn. Der hatte Farben! Und echte Musik! Dann bekam man auch schon die ersten Spiele in die Hand und seitdem bin ich gezeichnet. Ich hatte schon damals sehr viel Spaß daran, Spiele zu programmieren. Meine Versuche sind allerdings leider immer bei BASIC geblieben. Das hatte sich auch bis zum Verkauf des C64ers nicht geändert. Dabei sind auch meine ganzen Basic-Spielchen in der Versenkung verschwunden und vermutlich unwiederbringlich verloren.
Zeit verging, der PC kam ins Land, setzte sich durch und ich programmierte dort weiter. Ich habe mich ins Berufsleben gestürzt und war auch dabei schon auf Spiele fixiert. Zuerst war Turbo Pascal dran, dann auf (Watcom) C umgestiegen. Bei dem damaligen Java-Hype konnte man an ein bisschen Java nicht vorbei, von Hocker gehauen hat es mich allerdings nicht wirklich.
Und plötzlich gab es Emulatoren. Da konnte man all die schönen alten Klamotten wieder spielen.
Da juckte es mich wieder:
Ich habe mich auch gleich wieder auf Basic gestürzt und mit einem Text-Adventure angefangen. Das liegt übrigens immer noch halbfertig hier herum.
Da ich in der Zwischenzeit ja einiges an Programmiererfahrung gewonnen hatte (auch mit Assembler), wollte ich mal sehen, ob ich es nicht schaffen würde, auf dem C64 auch ein halbwegs akzeptables Spiel auf die Beine zu stellen.
Ich habe mir den Turbo ASS besorgt und damit auf dem Emulator losgelegt. Der Anfang waren nur simple Pokereien, die ich von Basic schon kannte, nur eben über den Assembler ausgeführt (VIC-Bank umswitchen, Zeichensatz ändern).
Einige interessante Hürden später kamen dann auch schon die ersten Ideen. Irgendwas Einfaches, mit Tiles. Ein Puzzlespiel? Oder mit Leitern?
Zu der Zeit habe ich La Mulana entdeckt (Tip!) und dann stand es fest. Ein Action-Puzzle-Adventure soll es werden. Thema Ägypten.
Und so ging es dann schrittweise vorwärts. Spielbildschirm aus Teilen aufbauen. Spritebewegung (verfluchtes 9. Bit bei X-Koordinaten). Logik. Da ich meine Fortschritte in einem Forum (http://www.retroremakes.com) vorgezeigt hatte, gab es plötzlich Anfragen, um bei der Grafik zu helfen. Da sagt man als Programmierer nicht nein :)
Da war schon abzusehen, dass es ein niedliches Spiel werden könnte. Ich habe mich mit einem Preview bei CSDB umgesehen und dabei als Musiker Thomas Egeskov interessieren können.
Die Motivation aus den Foren hat mich ungemein beflügelt, und so ist ein recht schickes Spielchen dabei herausgekommen.
Es freut mich, dass es sehr gut angekommen ist, obwohl es nicht gerade den letzten Stand der möglichen Dinge auf dem C64 darstellt. Oder vielleicht gerade deswegen?


Zum Spiel Joe Gunn, woher kommt die Idee und die so ausgereifte Geschichte. Bist Du im Nebenjob ein Historiker oder haben dich Abenteuerfilme à la „Indiana Jones“ etc. dazu angeregt.

Im Nebenjob bin ich auch Programmierer :)
Wie oben schon erwähnt hat mich das Spiel La Mulana stark inspiriert. Dass da die eine oder andere Idee von Indiana Jones oder Rick Dangerous kam, lässt sich auch nicht leugnen.
Extra ausgereift finde ich die Geschichte auch nicht wirklich. Die ist einfach so nebenher entstanden. Dann muss man eigentlich nur zusehen, dass das Drumherum halbwegs logisch dazu passt. Bei Joe kam dann eben die Geschichte hinzu, dass sich immer jemand um die Siegel kümmern muss. Ich wollte eigentlich noch ein bisschen Verschwörung hinzu packen, immerhin muss ja laut Story jemand vor ca. 1000 Jahren auch das Siegel aufrecht erhalten haben.
Der relativ dichte Speicher stellte sich dann ein bisschen problematisch dar; und da dann ellenlange Texte einzubringen hätte wahrscheinlich einige Spieler abgehalten. So etwas wie bei System Shock 2, wo die Geschichte teilweise nur über die Logs der einzelnen Crewmitglieder erzählt wird, wäre fantastisch, aber da gehört viel Text dazu.
Ich liebe diese "archäologischen" Filme wie Indy, wo es darum geht, verlorene Stätten aufzusuchen und zu erforschen. Tomb Raider hat mir in der Richtung auch sehr gut gefallen, solange man großteils alleine in versunkenen Gewölben umhergeirrt ist.


Noch mal was zu Joe Gunn: Ich habe im Forum-64 gelesen, dass ein Benutzer nach einer deutschen Version nachgefragt hat. Du hast ihm geschrieben die Idee sei gut und bietet Dir die Gelegenheit bekannte Fehler zu bereinigen. Wann können wir mit einen deutschen Version von Joe Gunn rechnen und hast Du noch weitere Abenteuerspiele für den C64 geplant?

Ich muss mich nur mal dran setzen, die Texte sind ja relativ losgelöst vom ganzen Spiel. Ich würde bei der Gelegenheit die offenen Bugs mit fixen und evtl. die verflixte 10te Maske einbauen.
Ich überlege als Feature evtl. dann auch eine entsprechende Bonusmeldung zu zeigen; man will ja auch für die Sucherei belohnt werden.
Da würden dann einfach nochmal zwei Version von Joe Gunn kommen, Joe Gunn Gold(?), auf Deutsch und Englisch.
Nebenbei bastle ich tatsächlich an einem neuen Spiel. Es soll ein Nachfolger für Joe Gunn werden. Ich habe mich auch schon im Forum64 um die Laderoutinen erkundigt und der Location-Wechsel läuft auch so weit. Im Moment ist das allerdings alles noch in der Experimentierphase.
Ich hatte überlegt, ob man Joe (das Sprite) nicht etwas größer/schöner gestalten könnte, aber in allen möglichen Varianten würde etwas anderes darunter leiden. Scrolling wäre auch ein interessantes Thema, aber ich finde, das passt irgendwie nicht zu dem Spiel. Im Grunde läuft alles darauf raus, das es wie Joe Gunn 1 aussieht, dafür aber mehrere Locations hat. :)
Ein bisschen Faulheit ist auch dabei, ich möchte mich um groß angelegte Rasterzeilentricksereien drücken, dazu müsste ich mich wirklich viel tiefer in die Maschine einarbeiten. Dazu fehlt mir einfach die Zeit.
Es reizt mich einfach, eine etwas ausgefeiltere Geschichte zu erfinden. Da sich sonst nicht allzuviel ändert, werde ich aber versuchen, zumindest die Locations selbst etwas ansehnlicher zu gestalten. Durch das Nachladen sollte genug Speicher zur Verfügung stehen.
Ich bin auch noch hin- und hergerissen, ob ich mich an etwas Einfacherem versuchen soll. Etwas mehr Action, Single Screen. Aber das sind im Moment nur Gedankenspiele.


Mir persönlich gefällt die Einfachheit von Joe Gunn, daher wäre ich auch dafür die Folgeversion im ähnlichen Style mit neuen Rätseln und größer Umgebung zu gestalten. Meine nächste Frage geht in ein andere Richtung, und zwar zu den weiteren Spielen die auf Deiner Homepage http://www.georg-rottensteiner.de zu beziehen sind: Sentinel, Koronis Rift, Bounty Bob rides again und viele mehr. Es handelt sich um Remakes vieler Klassiker. Wie viel Aufwand steckt in so einen Remake und nach welchen Kriterien wählst Du die Spiele aus?

Gerade bei den genannten Spielen unterscheidet sich der Aufwand beträchtlich. Das Remake zu Sentinel wäre fast ein ewiges Projekt gewesen. Schon als ich mit 3d-Programmierung angefangen habe, hat mich ein Sentinel-Remake gereizt. Allerdings hatte ich zu Anfang ungeheure Probleme, die Abfrage, was genau jetzt unter dem Mauszeiger liegt, hinzubekommen. An der Stelle ist das Projekt auch Jahre lang stehen geblieben. Irgendwann hatte ich das Ganze dann raus, und von da an war es nicht mehr allzu weit.
Eine sehr interessante Herausforderung waren die aus einem Seed generierten Welten. Einfach per Zufall rumzumachen ist schnell getan, aber die Welten sollten ja alle lösbar sein. Da kamen dann recht schnell unzählige Prüfroutinen hinzu: Hat der Spieler in der Nähe eine Plattform auf dem nächsten Level? Gibt es ebene Plattformen durchgängig bis ganz nach oben? Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob wirklich alle Welten schaffbar sind. Ich habe schon einige gefunden, bei denen man mit einem Hyperjump (Teleport) beginnen muss, um weiter zu kommen. Gottseidank kam dann der Punkt, wo alles lief und nur die Oberfläche drumrum gestrickt werden musste. Das war dann recht einfach. Als Gag habe ich dann die Levelcodes belassen (die fand ich auf dem C64 immer so schön mysteriös).
Bei Koronis Rift liegt die Sache etwas anders, das war mein Beitrag zum Retro Remakes Competition 2006. Ich hatte das Spiel des öfteren am C64 gespielt, allerdings die Module nie so richtig begriffen. Bei dem Remake hatte ich die Möglichkeit, das Internet nach Tipps und Tricks zu durchwühlen. Damit hatte ich auch das Original mit unzähligen Savestates endlich durchgespielt (Das Ende ist enttäuschend schwach). Das Remake stand recht schnell auf festen Beinen, nur das ewige Testspielen zog das Ganze in die Länge. Es war einiges an Feintuning notwendig. Insbesondere, da einer der Hauptaugenmerke bei dem Competition auf einfache Zugänglichkeit auch für Behinderte lag. D.h. die Spielsteuerung sollte möglichst einfach machbar sein (zum Beispiel nur Maus), zum anderen musste der Schwierigkeitsgrad auch entsprechend abschwächbar sein, so dass man eine Chance hatte.
Ich nutze üblicherweise solche Remakes, um ein paar neue Dinge auszutesten. Bei diesem Remake war das eine halbwegs brauchbares Skelett-Animation für 3d-Modelle (Psytek, der Robot) als auch meine ersten etwas „ausgefeilteren“ 3d-Modelle (die umherstehenden Hulks).
Das ganze Remake ist in den vorgegebenen 3 Monaten entstanden.


Was persönlich hat Dir mehr Spaß gemacht? Das C64-Spiel „Joe Gunn“ oder eines der genannten Remakes...

Persönlich war das C64-Spiel etwas völlig Neues für mich. Die PC-Remakes waren dann eigentlich nur Anbringen bereits vorhandener Routinen. Es hat Spaß gemacht, mit den Hürden der Assembler-Programmierung zurechtzukommen. Ein Pluspunkt für den C64.


Das hört sich gut an. Zum Abschluss des Interview möchte ich Dich noch bitten unseren Lesern eine Ausblick auf Deine nächsten Projekte zu geben...

Oh weia. Es ist eine alte Krankheit von mir, dass ich unzählige offene Projekte vor mir herschiebe. Viele verschwinden auf ewig in der Pipeline, manche kommen da wieder raus und fertig machen möchte ich so vieles.
Richtig geplant ist derzeit nicht viel. Joe Gunn wird eine Gold-Edition mit Bugfixes haben. An Joe Gunn 2 bastle ich gerade am Grundgerüst.
An PC-Spielen wird es wohl eine beschleunigte Neuauflage von Hit-Block geben, meine 2d-Engine ist da doch ziemlich an ihren Grenzen.
Ein Gedanke wäre ein Remake von Joe Gunn . Das müsste aber dann wohl etwas ausgefeilter werden.
Im Grunde kann mir jeden Tag irgend etwas Neues in den Sinn kommen, dass unbedingt programmiert werden muss. Lassen wir uns überraschen!


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]