Longplay

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Titelcover der 64'er Ausgabe, die das erste 64'er-Longplay beinhaltete.

Ein Longplay ist die Videoaufzeichnung eines Computer- oder Videospiels mit dem Zweck, es aus Gründen von Nostalgie, der Erhaltung für die Nachwelt oder eines Walkthroughs so komplett wie möglich durchzuspielen. Genauer betrachtet ist ein Longplay ein langer digitaler Zeichentrickfilm für Menschen, die ein Spiel aus verschiedenen Gründen nicht komplett spielen können, dennoch aber dessen Handlung erfahren möchten. Im Gegensatz zu Speedruns gibt es, abgesehen von Einschränkungen bei der Bandbreite oder Dateigröße, keine Zeitbegrenzung.[1]

Charakteristisch für ein Longplay ist, dass nur wenige — wenn überhaupt — Abkürzungen zum Erreichen des Spielzieles genommen werden. Langweilige Passagen können für das endgültige Video herausgeschnitten und Verzweigungen der Spielhandlung ignoriert werden, jedoch werden alle Aufgaben, inklusive Zwischenszenen, die zum Erreichen des Spielzieles notwendig sind, aufgezeichnet.[2]


Beispiel Video-Longplay[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

C64-Spiel Vendetta - Video-Longplay Part 1/2 von Reinhard Klinksiek

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spiele können auf verschiedene Arten aufgezeichnet werden: Mit Screencast-Software, mittels einer im Emulator eingebauten Funktion oder über einen an einen anderen Computer oder die Spielkonsole angeschlossen Framegrabber.

VICE hat eigene History-Dateien, anhand derer man, mit im Vergleich zu den gebräuchlichen Video-Codecs, erheblich kleineren Dateien, eine Spielsitzung rekonstruieren kann. Ein Nachteil ist, dass man exakt die gleiche Version von VICE benötigt, um sie wieder abzuspielen.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstes 64'er-Longplay in der Ausgabe 4/1989 der Zeitschrift 64er.

"Speedrun" und "game replay" tauchten in den letzten Jahren als Untermenge von "Play-Through" auf und gewannen durch ihren kurzweiligen — da nur wenige Minuten lang — Unterhaltungs- und Wettbewerbscharakter an Popularität. Der Begriff "Longplay" selbst stammt ursprünglich aus dem Magazin 64'er und wurde in einer Rubrik von Ausgabe 4/89 bis 10/94 für ausführliche Computerspiellösungen/-erfahrungen verwendet.[4] Die 64'er definierte bzw. erklärte den Begriff in der ersten Ausgabe ihrer neu geschaffenen Rubrik folgendermaßen:

"Was ist ein 64'er Longplay? Im Gegensatz zu herkömmlichen Spieletests wollen wir ein populäres Spiel komplett durchspielen. Das heißt, wir zeigen anhand zahlreicher Bildschirmfotos und Problembeschreibungen, was den Spieler jenseits der ersten, zumeist leicht spielbaren Levels erwartet. Wir hoffen, dabei auf tolle Grafiken, umwerfende Sounds und faszinierende Spielsituationen zu stoßen, die der Durchschnittsspieler nie zu Gesicht bekommt, da ihm die nötige Ausdauer oder Fingerfertigkeit fehlt. Aber auch herbe Enttäuschungen werden uns wohl nicht erspart bleiben. Schließlich gibt es leider immer noch Programmierer, die darauf vertrauen, dass die ersten Levels ihrer Spiele bereits so schwierig und unspielbar sind, dass niemand auf die Einfallslosigkeit oder Mängel höherer Spielebenen stoßen wird."[5]

Diese Beschreibung entspricht für die damals gedruckten Artikel etwa dem, was nach der Verbreitung von Videoportalen als Let's Plays bezeichnet wurde, weicht aber deutlich von der späteren Bedeutung des Longplay-Begriffs ab.

Für Videoaufzeichnungen wurde der Begriff 2002 erstmalig von Reinhard Klinksiek in seinem Projekt C64-Longplays.de (damals noch ohne eigene Internetpräsenz) verwendet, bei dem er die Inhalte klassischer Computerspiele (hauptsächlich für den Commodore 64) erhalten und diese im Internet verfügbar machen wollte.[6] Auf der Suche nach einem einfachen Begriff übernahm er den neologistischen Ausdruck Longplay aus den 64’er-Magazinen, die er als Teenager gelesen hatte.[7][8] Kurze Zeit später entstanden zudem die Projekte recordedamigagames.ath.cx und Longplays.net, wodurch der Name endgültig für die Computer- und Videospielunterkultur geprägt wurde. Video-Hoster und das Tauschen von Videos beschleunigten ihre Anerkennung.
Fortschritte in der Videoaufzeichnungstechnik für Hobbyisten, bei Codecs, Festplattenkapazitäten und Internet-Zugangsgeschwindigkeiten waren notwendig, bevor ganze Spiele vernünftig gespeichert und dann getauscht werden konnten.

Außerhalb der Szene ist der Begriff "Longplay" recht unbekannt, auch wenn er durch den Zusammenhang verstanden wird. Stattdessen wird meistens der weiter gefasste Begriff "Walkthrough" benutzt, der aber auch speziell für eine Spiele-Komplettlösung etabliert ist.[9]


Weitere Bedeutungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff "Longplay" wird zum einen im Bereich von HiFi-Geräten bzw. Schallplattenspielern verwendet und bezeichnet ein bestimmtes Format einer Schallplatte. Long Play/Langspielplatte (LP) kennzeichnet ein analoges Audio-Speichermedium, das im Gegensatz zur Single eine deutlich längere Spielzeit hat und meist mit einer Abspieldrehzahl von 33⅓ pro Minute abgespielt wird.

Des Weiteren taucht der Begriff "Longplay" auch bei klassischen Videorekordern auf. Insbesondere die letzten Generationen von VHS-Videorekordern bieten eine Umschaltung von "Standard Play" auf "Long Play" an. Je nach Standard und Hersteller, können hier die Laufzeiten der VHS-Kassette praktisch verdoppelt werden — allerdings auf Kosten der Qualität.
Ebenso finden sich bei Video-Camcordern die Long-Play-Funktion, die mit reduzierter Qualität (Auflösung, Komprimierungsparameter) mehr Aufnahmezeit auf das jeweilige Speichermedium ermöglicht.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. RAG-Longplay Announcement von Recorded Amiga Games
  2. C64-Longplays Guide von C64-Longplays
  3. C64-Longplays Tutorial von C64-Longplays
  4. Matthias Fichtner: "Uridium II" komplett durchgespielt; 64'er-Longplay; in: "64’er – Das Magazin für Computerfans"; Haar bei München; Heft 04/1989, S. 166-171.
  5. Matthias Fichtner: "Uridium II" komplett durchgespielt; 64'er-Longplay; in: "64’er – Das Magazin für Computerfans"; Haar bei München; Heft 04/1989, S. 167.
  6. C64 Longplays bei WayBack Machine Archive
  7. Heinrich Lenhardt: "RETRO REPUBLIK DEUTSCHLAND"; in: CHIP – COMMODORE 64. EIN KULT-COMPUTER WIRD 30; München 2012; S. 127-128.
  8. Interview mit Reinhard Klinksiek auf kultboy.com
  9. Google Video-Play-throughs bei Google

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]