Videospielecrash

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Atari VCS 2600.

Der Videospielecrash (in Japan auch als Atari shock bekannt) ist ein Ereignis, das im Laufe des Jahres 1983 in den USA seine größten Ausmaße annahm. Dieser Videospielecrash führte dazu, dass sich in der Folge viele Anbieter von Videospielen aus diesem Markt zurück zogen und die Heimcomputer Einzug in die Haushalte hielten.


Einführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

ColecoVision.
Mattel Intellivision.

Ende der 1970er-Jahre gab es für Privatanwender kaum bezahlbare Computer zu kaufen. Da sich diese Computer, wie der Apple II oder der Commodore PET, primär an Anwender wandten, die diese Computer als Hobby zum Programmieren benutzen oder die damit professionell arbeiteten, war das Angebot an professionell hergestellten Spielen auf diesen Systemen nicht sehr groß. Zudem kostete selbst der sich gut verkaufende Apple II (1978 wurden 35.000 Stück verkauft) in der einfachsten Variante mit 4 KByte RAM immerhin USD 1.298,- (1977; Wert 2009 ca. USD 4.590,- also ungefähr EUR 3.473,-) Im gleichen Zeitraum wurden jedoch 550.000 Atari-Konsolen zu je USD 199,- abgesetzt (1978; Wert 2009 ca. USD 704,- also ungefähr EUR 532,-)

Demgegenüber florierte der Anfang der 1970er-Jahre entstandene Markt der Videospielsysteme, nicht zuletzt auf Grund der Veröffentlichung des Spiels Pong durch den Atari-Gründer Nolan Bushnell. Typische Vertreter waren das Atari VCS, das Colecovision von Coleco und das Intellivision von Mattel, welche stellvertretend für eine Vielzahl von untereinander inkompatiblen Spielkonsolen versuchten den Markt zu erobern.

Atari brachte Ende der 1970er-Jahre zudem eine eigene Heimcomputerreihe auf den Markt, den Atari 400 und den Atari 800, die nun auch Heimanwender ansprechen sollten, die mit dem Computer arbeiteten. Commodore veröffentlichte 1980 den VC 20. Dies hatte zwar nicht all zu viel Einfluss auf die Videospiele, gab aber scheinbar die Richtung vor, in die sich die Branche bewegen sollte.

Die Spiele wurden meist von den Herstellern der Konsolen selbst bzw. unter deren Lizenz, produziert. Die Konsolenhersteller subventionierten über den Preis der Spielkassetten oftmals den relativ günstigen Preis der Konsolen. Das Veröffentlichen von Spielen für das VCS durch Dritthersteller sorgte dafür, dass diese Preispolitik schwierig wurde. Da Atari keinerlei Maßnahmen getroffen hatte, um das Produzieren und Veröffentlichen durch andere, nicht lizenzierte Firmen, zu verhindern, kam es an Atari vorbei zu einem stetig wachsenden Spieleangebot für das damals marktbeherrschende Videospiel VCS. Trotz der vielen Anbieter produzierten diese allerdings nur wenig wirklich interessante Spiele. Die Masse der Spiele war von durchschnittlicher oder gar schlechter Qualität, weshalb diese kaum von den Spielern angenommen wurden. Darunter litt zunehmend der Ruf des Atari VCS und der Stern der Konsole begann zu sinken und mit ihm auch die Verkaufszahlen.


Ausbruch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Commodore 64.

Mit der Einführung des C64 und des Atari 5200 im Jahr 1982 änderte sich der Markt entscheidend. Atari wollte mit dem Atari 5200 gegen die Konkurrenzsysteme Colecovision und Intellivision vorgehen und ein System bieten, das diesen Überlegen war. Außerdem konnten nun nur noch Hersteller für das neue System produzieren, die auch eine Lizenz dafür besaßen. Das Atari VCS wurde in der Folge in Atari 2600 umbenannt, um besser in die Produktpalette zu passen, welche damit durchgehend nummeriert war.

Die Spielebibliothek des Atari 5200 war Anfangs rechts dürftig und bot hauptsächlich aufgemotzte Titel, die bereits für das Atari VCS zur Verfügung gestanden hatten. Die fehlende Kompatibilität zu den Modulen des Atari 2600 und der dort verwendeten Joysticks, wurde von den Käufern als großes Manko wahrgenommen. Auf der anderen Seite wurden von Coleco und Mattel Adapter angeboten bzw. angekündigt, die Atari VCS Module auf den Konkurrenzsystemen spielbar machen würden. Für die Kunden schien es also kein sinnvolles Argument zu geben, als neue Spielkonsole jene von Atari zu erwerben.

Der Erfolg des Atari 5200 blieb auch weit hinter den Erwartungen zurück. Coleco und Mattel gelang es jedoch ebenfalls nicht, ihre Produkte ausreichend kostendeckend zu produzieren und am Markt dominierend zu platzieren. Ein Videospielesystem von Mattel, welches sich zu einem kompletten Computer ausbauen ließ, fand z. B. nicht all zu viel Anklang. Die Anwender wollten scheinbar echte Heimcomputer und nicht Konsolen, die nur so aussahen wie ein Computer bzw. sich dazu aufrüsten ließen.

Auf der anderen Seite bot Commodore mit dem C64 einen unglaublich billigen Computer an, den sich fast jedermann leisten konnte und der auch noch erstaunliche Leistungsdaten vorweisen konnte. Ataris Konkurrenz aus der Atari 400 und Atari 800 Reihe, zog die Heimanwender ebenso zu den Heimcomputern wie der C64.

Für die Käufer schienen Videospiele nicht mehr allzu attraktiv, da Heimcomputer, oftmals für den selben Preis zu haben waren, sich aber nicht nur zum Spielen eigneten, sondern auch damit beworben wurden, viel mehr Möglichkeiten zu bieten. Alleine die Tatsache, dass diese Computer nicht als reines Spielzeug galten, war für viele Eltern im Jahre 1983 der Grund, lieber einen Heimcomputer unter den Weihnachtsbaum zu legen, als eine Konsole mit der man eigentlich "nur" spielen konnte.

Durch den Preiskampf der einzelnen Hersteller, die Schwemme von qualitativ mäßigen Spieletiteln produziert von Drittherstellern und Kunden, die sich vermehrt auch den Heimcomputern zu wandten, brachen die Umsatzzahlen für Videospiele endgültig ein. Der Gesamtumsatz des Marktes fiel am Anfang des Jahres 1983 von noch 3 Mrd. USD auf nur hundert Millionen USD am Jahresende. Allerdings ließ nicht die tatsächlich Zahl der verkauften Spiele und Geräte nach, sondern wegen des am Markt entstandenen Kostendrucks, mussten die Hersteller ihre Ware teilweise zu Herstellungskosten verkaufen. In einem mindestens einem Fall wurde eine unbekannte größere Anzahl von Modulen sogar auf einer Deponie verscharrt. Dieser Vorfall wurde als Atari Landfill bekannt.

Auswirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele Spielhersteller zogen sich infolgedessen ganz aus dem Videospielebereich zurück. Hersteller wie Parker Brothers konzentrierten sich wieder auf ihre klassischen Märkte und überließen den Videospielefirmen das Feld. Activision und viele andere Videospielehersteller, die den Videospielecrash überlebten, dehnten ihre Unternehmungen auf die neuen populär werdenden Heimcomputer aus. Jedoch blieb gerade Activision der Videospielebranche treu, die Firma war der Meinung, dass es lediglich guter Titel bedurfte, um den Markt wiederzubeleben.

Die Händler jedoch nahmen Videospielsysteme teilweise komplett aus den Regalen. Videospiele ließen sich scheinbar kaum noch verkaufen, ganz im Gegensatz zu Heimcomputern, die nun offenbar einen Siegeszug antraten. Tatsächlich wurden Heimcomputer immer populärer und fanden weite Verbreitung, allerdings auch in Marktsegmenten, in die die klassischen Videospiele bis dato nicht vorgedrungen waren. Der Boom der anbrechenden Heimcomputerära, sollte erst mit der Marktdominanz des PC gebrochen werden.

Atari hatte zwar mit dem Atari 7800 eine weitere Konsole zur Marktreife entwickelt, zog sich aber aus dem Videospielbereich fast gänzlich zurück. Bis auf das Atari 2600, das unter dem Namen Atari 2600jr. billig produziert wurde, gab es von Atari kein Videospielsystem mehr. Jack Tramiel übernahm 1984 den Computerbereich von Atari und plante sich ausschließlich auf den Markt für Heimcomputer zu konzentrieren.

Der japanische Hersteller Nintendo hatte bereits seit Mai 1980 zum Vertrieb seiner Arcadeautomaten eine Niederlassung in den USA eröffnet und plante für das Jahr 1984 die Veröffentlichung seiner Heimvideospielkonsole Famicom auf dem amerikanischen Markt. Durch das Vorhandensein eines zu lizenzierenden Chips in seinen Spielen, hatte Nintendo dafür gesorgt, dass Drittherstellern die Produktion eigener Spieletitel ohne die Qualitätskontrolle Nintendos nicht möglich war. Durch diese Praxis verdiente Nintendo zudem an jedem verkauften Spiel.

Nintendo hatte jedoch als Newcomer auf dem amerikanischen Heimvideospielebereich einige Schwierigkeiten, sich am US Markt positionieren zu können. Die Händler glaubten, aus dem Videospielecrash gelernt zu haben und wollten nicht schon wieder volle Regale mit unverkäuflicher Ware riskieren. Die für 1984 geplante Einführung des in Japan sehr erfolgreichen "Nintendo Family Computer", genannt Famicom, als Advanced Video System (AVS) scheiterte am nicht vorhandenen Interesse der Händler. Erst die optische Überarbeitung des Gerätes und eine von massiver Werbung begleitete Verkaufskampagne führte 1985 dazu, das es als Nintendo Entertainment System (NES) am Markt angenommen wurde. Der Akzent lag dabei auf "Entertainment", um eine deutliche Trennung von der jüngst niedergegangenen Videospielbranche herzustellen. Außerdem nannte Nintendo seine Videospielkassetten nun Game Packs statt Cartridges und bezeichnete das Gerät selber als Control Deck statt Console. Das hatte zur Folge, dass das NES der Verkaufsschlager der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre wurde.

Mit dem Erfolg des NES veröffentlichte Atari doch noch das Atari 7800, welches sich aber durch seine merkbar ältere Technik nicht mehr verkaufte, obwohl es zu Atari-2600-Spielen kompatibel war. Zudem war das fast nicht vorhandene Marketing Ataris wesentlicher Grund dafür, dass die Konsole am Markt durchfiel.

Nintendo entwickelte sich mit 90 % Marktanteil zum führenden Unternehmen am Videospielemarkt, Atari und das ebenfalls japanische Unternehmen Sega teilten sich die restlichen 10 %.

Der Niedergang der amerikanischen Videospielindustrie ist beispielhaft für das Ergebnis von maßloser Fehleinschätzung und Nichtwahrnehmung des Potenzials am eigenen Absatzmarkt. Der Börsencrash des neuen Marktes im Jahr 2000 kann mit diesem Ereignis verglichen werden.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

WP-W11.png Wikipedia: Video Game Crash
WP-W11.png Wikipedia: Video Game Crash Sprache:english