Interview mit Andre Dirr

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Interview
Interview mit Andre Dirr
Bekannt als Produzent von Retrogaming-Webvideos
Geführt von Stefan Traublinger
Erstveröffentlichung Digital Talk Ausgabe 113 (Juni 2023)


Das C64-Wiki und die DIGITAL TALK begrüßen im Interview Andre Dirr, der auf Youtube unter dem Namen Andira 2010 einen Channel zum Thema C64-Spiele betreibt.


Guten Tag Andre, vielen Dank für dieses Interview. Du bist nun seit über zehn Jahren als Youtuber aktiv und hast dir in der C64-Szene einen hohen Bekanntheitsgrad erarbeitet – was gibt es denn sonst noch über dich zu wissen, stell dich doch bitte einmal kurz vor. Für die Leser ist es interessant, ob der C64 dein erster Rechner war und wie du zu ihm gekommen bist. In welchem Alter warst du denn damals?

Die erste Berührung mit einem Computer war Anfang der 1980er Jahre. Damals brachte mein Vater einen Commodore PET 2001 mit nach Hause. Ein All-in-One Gerät mit Monitor, Tastatur und Datassette. Ich kann mich noch gut an den Grün-Monitor erinnern. Ich war damals in der Grundschule und tippte mit meinen Brüdern die Basic Listings aus den Handbüchern ab. Kleine Spiele, wie Mauern (ein Snake Clone), Mondlandung oder Rennen (Ein simples Autorennen). Wir hatten keine Ahnung, was die ganzen Anweisungen zu bedeuten haben, und mussten jeden Buchstaben auf der Tastatur einzeln suchen. Die Spiele haben wir dann auf Kassette gespeichert. Das waren meine ersten Berührungen mit einem Computer, und die Leidenschaft zum Programmieren war geweckt.

Mitte der 1980er Jahre bekam ich dann einen gebrauchten Commodore 64 in einer Umzugskiste mit Datasette und randvoll mit Originalkassetten mit Spielen und dem Magazin Input64. Ich muss dort in der fünften Klasse der weiterführenden Schule gewesen sein. Wir haben natürlich viel gespielt und uns regelmäßig vom Taschengeld im örtlichen Quelle-Kaufhaus oder Kaufhof neue Spiele gekauft. Vor allen Dingen die günstigen Titel von Mastertronic standen hoch im Kurs bei uns. Ein Floppy-Laufwerk bekam ich dann erst ein paar Jahre später zu Weihnachten.


Sammelst du auch Hardware?

Ich bin ehrlich und sage nein. Neben meinem Original Commodore 64 habe ich damals eine Datasette, zwei Flopppy-Laufwerke und einen Commodore Drucker. Die unzähligen Joysticks zähle ich jetzt mal nicht mit. All das steht heute noch auf dem Dachboden meiner Eltern, den ich mir als Jugendlicher ausgebaut habe und wo ich bis zum Studium gewohnt habe. Mittlerweile habe ich auch modernere Hardware hier stehen, wie ein Ultimate 64 Board, den THEC64 Mini und Maxi und auch einen THEA500. Meinen Commodore Monitor habe ich ganz vergessen. Dazu gibt es noch diverse Erweiterungen und Steckmodule. Sammeln würde ich das jetzt nicht nennen, denn darunter verstehe ich Leute, die ganze Schränke voll mit Floppy-Laufwerken und Rechnern haben. Mein Platz bei uns zu Hause ist begrenzt, und meine bessere Hälfte schimpft schon jetzt ab und zu überall den Elektroschrott, den ich hier liebevoll benutze.


Programmierst du auch, oder machst du Chiptune-Musik?

Auf dem Commodore 64 bin ich mit Basic angefangen und habe dort einige kleine Helfer-Programme geschrieben. Unter anderem eine eigene Diskettenverwaltung für meine riesige Sammlung, die ich damals hatte. Ich kann mich auch an eine Adressen Verwaltung für meine Kontakte aus der C 6410 erinnern. Dort gab es sogar eine Druckfunktion, mit der ich Etiketten für die Adressen ausdrucken konnte. Später bin ich dann mit Assembler angefangen. Das hat mir einen riesigen Spaß gemacht. Ich habe die ein oder andere Intro programmiert und Spiele geknackt. Außerdem hatte ich ein eigenes Diskettenmagazin mit dem Namen Outdoor. Davon sind vier Ausgaben erschienen, und eine fünfte war bereits in Vorbereitung. Diese schlummert noch heute auf eine meiner Disketten.

Zum Grafiker oder aber zum Komponisten hatte ich nie das Zeug. Mir fehlt die künstlerische Ader. Natürlich habe ich mich überall mal versucht, aber die Ergebnisse waren unterirdisch und ich habe sie sofort wieder von den Disketten gelöscht. Das Einzige, was ich hervorgebracht habe, sind einige Zeichensätze und eine Handvoll Sprites. Darauf war ich damals schon megastolz.


Zähle uns doch bitte mal deine Top-Fünf-Lieblingsspiele am Brotkasten auf?

Ich habe im Laufe der Zeit viele Spiele gespielt und unzählige Stunden mit meinen Geschwistern und Schulfreunden vor dem Rechner verbracht. Eine richtige Rangliste habe ich nicht, aber Spiele, die ich stundenlang gespielt habe, waren Maniac Mansion und Zak McKracken, aber auch Grafikadventures wie The Pawn und The Guild of Thieves. Man merkt schon, dass ich ein Faible für Adventures habe.

Aber natürlich gab es auch bei mir jede Menge Action mit Bruce Lee, Green Beret und Last Ninja 1 und Teil 2. Mein absolutes Lieblingsspiel ist bis heute allerdings Das Spukschloss von Quellesoft.


Das Logo von Andiras Youtube-Channel

Deinen Youtube-Channel gibt es bereits seit dem Jahr 2010. Erzähl uns doch bitte einmal, wie alles begann und wie es überhaupt zu der Idee kam?

Ich bin viel beruflich unterwegs und habe abends in den Hotels anstatt Fernsehen YouTube geschaut. Ich habe dort über 100 Kanäle im Abo von Outdoor, BushcraY über Lost Places bis hin zu Retro-Spielekanälen. Um auch kommentieren zu können, habe ich mir 2010 einen eigenen Kanal angelegt. Mein Name Andira2010 ist ein Zufallsname aus meinen Initalien und dem Jahr 2010 der Eröffnung. Den hat mir YouTube damals so vorgegeben und ich habe ihn einfach genauso übernommen. Irgendwann hatte ich Lust auch selber aktiv zu werden und habe die ersten Experimente mit Videos gemacht. Davon habe ich später aber wieder alle offline genommen. Aus Spaß habe ich allerdings ein einziges Video aus meiner damaligen Lieblingskneipe online gelassen.

Damals habe ich dort mit Freunden ein Fußballspiel angeschaut. Getraut habe ich mich dann mit meinem Video zum Spiel Electro World, denn der YouTuber Thomaniac hatte damals zu einer Challenge herausgefordert. Mein Video war sozusagen ein Antwortvideo darauf.

Ich wollte allerdings immer einen Mehrwert bieten und recherchiere daher sehr viel für meine Videos. Es gibt jede Menge Hintergrund-Informationen, die ich aus Büchern, Zeitschriften, persönlichen Gesprächen und Erinnerungen und natürlich aus dem C64-Wiki habe. Mein Hobby ist es, die alten Spiele von damals zu verstehen und mit der Anleitung und ohne zu raten zu spielen und zu präsentieren. Sozusagen eine Vergangenheitsbewältigung und eine tolle Erinnerung an meine Kindheit und Jugend.


Und wieviele Videos hast du mittlerweile produziert?

Laut YouTube habe ich bisher insgesamt 168 Videos auf meinem Kanal veröffentlicht (Stand Mai 2023). Hinzu kommen eine Handvoll Shorts, die ich aber eher just for Fun hochgeladen habe und nicht mitzähle. Die Videos sind eine bunte Mischung aus alten Spielen meiner Kindheit, aber auch neuen Spielen, die erst jetzt veröffentlicht worden sind. Außerdem gibt es noch ein paar Videos zum Thema Hardware, wie zum Beispiel den Mini, den Maxi oder diversen Joysticks. Auf meiner Festplatte liegen aber noch ein paar Videos mehr, die ich teilweise noch nicht fertig geschnitten habe. Einige davon sind schon ein paar Jahre alt und wurden, aus welchen Gründen auch immer, von mir nicht weiter bearbeitet. Aber wer weiß, vielleicht nehme ich mir die in Zukunft mal vor und mache sie fertig.


Woher stammt der schmissige Titelsound deiner Videos? Klingt ein wenig nach Demo oder Diskettenmagazin-Intro?

Witzig, dass du danach fragst. In der Tat kommt die Frage ab und zu mal auf und ich antworte dann immer ziemlich schmunzelnd und in Erinnerung an längst vergangene Tage. Die Musik aus meinem Intro und meinem Outro stammt vom C64 Scener Alien von Black Code Design. Auch ich war damals in der Commodore 64 Szene aktiv und er war einer meiner Freunde. Mit meiner damaligen Gruppe A-Soft hatte ich ein Diskettenmagazin namens „Outdoor“, und dafür hatte er mir die Stücke produziert. Aus diesem Grund habe ich die dann für meinen YouTube Kanal verwertet.

Fun fact: vor ein paar Jahren schrieb er mich an, weil er seine Musik in meinen Videos erkannt hatte. Ich verweise natürlich auch in der Videobeschreibung auf ihn. Er wusste nicht, dass ich ich bin, und so hatten wir uns nach vielen Jahren wieder zusammen gefunden. Seitdem sind wir auch auf anderen Platformen vernetzt und stehen in lose im Austausch. Das ist die Geschichte zu dieser Musik und ich könnte sogar noch ein wenig mehr dazu schreiben. Zum Beispiel, dass einer der beiden Tracks ein Auszug eines ganz bestimmten Stückes aus den deutschen Charts ist. Mehr möchte ich hier aber nicht verraten.

Mit deiner Vermutung, dass es sich um die Musik aus einem Diskettenmagazin handelt, lagst du also genau richtig.


Welche deiner Videos sind deine persönlichen Favoriten?

Besonders die Videos zu den Spielen, die ich zusammen mit meinen Brüdern viele viele Stunden vor dem Commodore 64 sitzend gespielt habe, liebe ich ganz besonders. Dazu gehören die Videos von Super Pipeline, Green Beret, Bomb Jack oder Bruce Lee. Aber auch mein 100. Video der C64-Spielzeit mit dem Titel „Das Spukschloss“ mag ich ganz besonders, denn es ist mein absolutes Lieblingsspiel auf dem Commodore 64. Auch dazu könnte ich total viel schreiben, aber wer das Video sieht, wird vieles dazu erfahren, denn ich erzähle es dort ganz genau und in aller Ausführlichkeit.

Das „Super Pipeline“-Video...
 

...gehört neben „Green Beret“,...
 

...„Bomb Jack“,...
 

...„Bruce Lee“ und...
 

...„Das Spukschloss“ zu
Andiras Favoriten.


Kannst du schonmal einen kleinen Spoiler geben, welches Spiele-Reviews deine Fans in nächster Zeit erwarten können?

Das ist schwierig, denn ich entscheide immer ganz spontan, was als Nächstes an der Reihe ist. Ich habe eine lange, lange Liste, die ich seit mehreren Jahren pflege und die durch diverse Wünsche meiner Zuschauer immer weiter wächst. Dazu kommen ab und an auch Spiele, die gerade erst erscheinen und so will ich immer kurz vor dem Dreh ein Spiel aus der Liste und stelle das dann ganz genau vor. Einige der Spiele, die sich schon häufig gewünscht wurden und die ich bald mal zeigen möchte sind Frogger, Pirates! oder auch Ghostbusters. Auch das sind Games, die ich in meiner Jugend sehr ausgiebig und oft gespielt habe.


Ich bedanke mich vielmals für das nette Gespräch. Gibt es noch etwas, das du den Lesern sagen möchtest?

Ich finde das C64-Wiki Eine richtig tolle Quelle, die ich auch für meine Recherchen zu meinen Videos benutze. Nicht nur, aber auch. Daneben habe ich hier eine Menge Bücher über Games und alte Spiele-Zeitschriften und natürlich das Wissen meiner Brüder, die damals mit mir zusammen alle Spiele gespielt haben und die sich auch für dieses Thema noch heute interessieren.

Schön, dass es Leute gibt, die ihre ganze Freizeit in dieses Projekt stecken. Jeder kann mitmachen und aus vielen Teilen wird dann ein ganzes. Ich liebe das C64-Wiki! Über die wachsende Community meines kleinen YouTube Kanals freue ich mich sehr, vor allen Dingen über Kommentare, Anmerkungen oder Wünsche unter meinen Videos. Von mir bekommt jeder immer eine individuelle Antwort und natürlich auch ein offenes Ohr. Ich lese die Geschichten der Zuschauer immer sehr gerne und stelle immer wieder viele Parallelen zu mir und meiner Beziehung zum Commodore 64 fest.

Vielen Dank für das Interview und das Interesse an mir und meinem Hobby. Vielen vielen Dank.


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